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Mit dem Inkrafttreten der europäischen KI-Verordnung (KI-VO) am 1. August 2024 beginnt für Unternehmen eine neue Phase der Regulierung. Auch wenn zentrale Regelungen erst ab dem 2. August 2026 verbindlich werden, bringt das Jahr 2025 bereits erste Pflichten mit sich – darunter eine besonders praxisrelevante Neuerung: Unternehmen müssen ihre Beschäftigten im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) schulen.
Warum eine Schulungspflicht? Hintergrund der Regelung
Artikel 4 der KI-VO verpflichtet Anbieter und Betreiber von KI-Systemen, ihre Mitarbeitenden entsprechend zu qualifizieren. Ziel ist es, Kompetenzen zu fördern, die einen verantwortungsvollen Umgang mit KI ermöglichen. Gefordert wird ein fundiertes Verständnis – nicht nur für die Funktionsweise und technischen Grundlagen, sondern auch für Risiken, Entscheidungslogik und Auswirkungen auf betroffene Personen.
Der Gesetzgeber verfolgt dabei das Ziel, eine vertrauenswürdige Nutzung von KI zu gewährleisten und zugleich Grundrechte sowie faire Marktbedingungen in der EU zu schützen.
Wer muss KI-Schulungen ab 2025 durchfĂĽhren?
Die Schulungspflicht betrifft nicht nur große Technologiekonzerne oder Entwickler eigener KI-Lösungen. Sie richtet sich an alle Unternehmen, die KI-Tools einsetzen – also auch Nutzer externer Anwendungen wie z. B. ChatGPT, Canva oder automatisierte Bewerbungssoftware.
Branche, Mitarbeiterzahl oder Jahresumsatz spielen keine Rolle. Selbst Kleinstunternehmen und Start-ups sind von der Regelung erfasst – oftmals ohne sich dessen bewusst zu sein.
Was sind die Pflichten fĂĽr Unternehmen?
Die KI-Verordnung der EU verpflichtet Unternehmen dazu, organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, damit alle mit KI-Systemen befassten Mitarbeitenden über ein angemessenes Verständnis der eingesetzten Technologien verfügen. Dabei schreibt die KI-VO zwar keine bestimmte Schulungsmethode vor, verlangt aber ein verpflichtendes Kompetenzniveau im Umgang mit KI – insbesondere hinsichtlich Transparenz, Sicherheit und ethischer Nutzung.
In der Praxis bedeutet das: Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Beschäftigten die jeweilige KI-Technologie nicht nur bedienen, sondern auch deren Funktionslogik, Anwendungsgrenzen und Auswirkungen nachvollziehen können.
Ein strukturiertes und risikobewusstes Schulungskonzept empfiehlt sich daher, insbesondere in folgender zweistufiger Ausgestaltung:
1. Grundlagentraining (fĂĽr breite Mitarbeitendengruppen):
EinfĂĽhrung in die zentralen Begriffe und Konzepte von KI,
Erklärung typischer Technologien und Modelle (z. B. maschinelles Lernen),
Bewusstsein fĂĽr Risiken wie Bias, Intransparenz oder Fehlausgaben,
Sensibilisierung fĂĽr regulatorische Anforderungen und unternehmensinterne KI-Richtlinien.
2. Spezifische Schulungen (rollenbezogen):
Vertiefte Inhalte für Teams, die regelmäßig mit KI-Systemen arbeiten,
Praxisnahe Einblicke in das konkrete System oder Tool (z. B. Funktionen, Eingabedaten, Ergebnisinterpretation),
Verantwortlichkeiten bei der Kontrolle, Eskalation und Dokumentation,
Verhaltensrichtlinien für zulässigen Einsatz sowie Kommunikation nach außen (Transparenzpflichten).
Wichtig ist zudem die regelmäßige Aktualisierung der Schulungsinhalte, insbesondere bei Systemänderungen, regulatorischen Neuerungen oder neuen Erkenntnissen über mögliche Risiken. Die Teilnahme an relevanten Schulungen sollte verbindlich dokumentiert werden – auch im eigenen Interesse des Unternehmens zur Erfüllung von Nachweispflichten.
Risiken bei VerstoĂź gegen die Schulungspflicht
Auch wenn bei der Missachtung gesetzlicher Schulungspflichten keine unmittelbaren Bußgelder verhängt werden, bedeutet das keineswegs, dass Unternehmen sich in Sicherheit wiegen können. Im Gegenteil: Die finanziellen und rechtlichen Risiken sind erheblich. Kommt es infolge unzureichender Schulung der Mitarbeitenden zu Fehlentscheidungen, Datenschutzverletzungen oder anderen Schäden, haften Unternehmen zivilrechtlich – zum Teil mit erheblichen Summen.
Gerade in sensiblen Bereichen wie Datenschutz, Arbeitsschutz oder Compliance kann mangelnde Qualifikation fatale Folgen haben. Eine dokumentierte und regelmäßig aktualisierte Schulung schützt nicht nur die Mitarbeitenden im Alltag, sondern stellt auch einen wichtigen Baustein der rechtlichen Absicherung des Unternehmens dar. Zwar lässt sich eine zivilrechtliche Haftung im Ernstfall nicht vollständig ausschließen, durch geeignete und nachweisbare Schulungsmaßnahmen lässt sie sich jedoch deutlich reduzieren.
Zudem spielt die Schulungsdokumentation im Streitfall eine zentrale Rolle: Sie kann belegen, dass das Unternehmen seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist und somit seinen Haftungsumfang minimieren.
So gelingt die Umsetzung im Unternehmen
Die EinfĂĽhrung eines nachhaltigen Schulungskonzepts erfordert strategisches Vorgehen. Diese Schritte bieten Orientierung:
- Analyse: Welche KI-Tools werden bereits genutzt?
- Rollenklärung: Ist man Anbieter oder Anwender?
- Wissensstand prĂĽfen: Welche Kompetenzen bestehen bereits im Team?
- Richtlinien entwickeln: Interne Leitplanken fĂĽr den KI-Einsatz schaffen
- Dokumentation sicherstellen: Auch ohne explizite Pflicht ratsam fĂĽr die eigene Rechtssicherheit
Hochrisiko-KI im Personalbereich: Besonders sensibel
Systeme, die z. B. Bewerber bewerten oder automatisierte Entscheidungen über Mitarbeitende treffen, gelten als Hochrisiko-KI. In solchen Fällen müssen Schulungen besonders tiefgreifend ausfallen. Zudem sind Betroffene über den Einsatz solcher Systeme aufzuklären – inkl. verständlicher Erläuterungen zur Entscheidungsfindung (Art. 86 KI-VO).
Mitbestimmung nicht vergessen: Rolle des Betriebsrats
Unternehmen mit Betriebsrat sind verpflichtet, diesen frühzeitig einzubinden – sowohl bei der Einführung von KI-Systemen als auch bei der Konzeption entsprechender Schulungen. Gemäß §§ 87 und 98 BetrVG besteht hier ein Mitbestimmungsrecht, insbesondere wenn Leistungs- oder Verhaltenskontrolle durch KI möglich ist.
Fazit: Jetzt aktiv werden – nicht erst 2026
Auch wenn viele Regelungen der KI-Verordnung erst zu einem späteren Zeitpunkt verpflichtend werden, beginnt mit der KI-Schulungspflicht ab 2025 ein entscheidender Umsetzungszeitraum. Unternehmen, die frühzeitig handeln, vermeiden Risiken, schaffen interne Klarheit und stärken langfristig ihre Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.
Handeln Sie jetzt: Bereiten Sie Ihr Unternehmen auf die KI-Schulungspflicht 2025 vor – wir unterstützen Sie gerne dabei mit unserer rechtlichen Expertise!
FAQ zur KI-Schulungspflicht 2025
Die Schulungspflicht verfolgt das Ziel, Mitarbeitende zu befähigen:
- die Funktionsweise und Entscheidungslogik von KI-Systemen zu verstehen,
- Risiken richtig einzuschätzen und
- KI verantwortungsvoll einzusetzen.
Ziel ist eine vertrauenswĂĽrdige, grundrechtskonforme und faire Nutzung von KI innerhalb der EU.
Alle Unternehmen, die KI-Systeme verwenden oder betreiben – unabhängig von:
- Unternehmensgröße,
- Branche oder
- Umsatz.
Auch Start-ups und Kleinstunternehmen sind erfasst – selbst, wenn sie nur externe Tools wie ChatGPT, Canva oder automatisierte HR-Software einsetzen.
- FrĂĽhzeitig mit Planung und Umsetzung beginnen.
- Risiken minimieren, Rechtssicherheit schaffen.
- Interne Kompetenzen stärken und Innovationskraft sichern.
Die KI-VO schreibt keine Form, wohl aber Qualitätskriterien für Schulungen vor. Erfolgreiche Modelle beinhalten:
🔹 Grundlagen-Schulung:
- EinfĂĽhrung in Funktionsweise, Nutzen und Risiken von KI.
🔹 Vertiefung für spezifische Rollen:
- Fachtrainings für Teams, die regelmäßig mit KI arbeiten (z. B. HR, Marketing, Datenanalyse).
💡 Grundsatz: Je höher das Risikopotenzial des KI-Systems, desto intensiver die Schulung.
- Keine direkten BuĂźgelder fĂĽr fehlende Schulungen.
- Aber: Zivilrechtliche Haftung möglich bei Schäden durch unqualifizierte Nutzung.
- Vorteil einer dokumentierten Schulung: Schutz fĂĽr Unternehmen und Mitarbeitende im Streitfall.
KI-Systeme, die z. B. automatisierte Personalentscheidungen treffen, gelten als Hochrisiko-KI.
Pflichten:
- Besonders intensive Schulungen
- Transparenz gegenüber Betroffenen: Erläuterung der Funktionsweise und Entscheidungslogik gemäß Art. 86 KI-VO