Arbeitszeitbetrug durch Raucherpause: Kündigung laut LAG zulässig - 1

Arbeitszeitbetrug durch Raucherpause: Kündigung laut LAG Thüringen zulässig

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Arbeitszeitbetrug und die Frage, ob darauf eine Kündigung folgen darf, gehören zu den zentralen arbeitsrechtlichen Themen – besonders, wenn es um das Nichtstempeln von Raucherpausen geht. Das Urteil des LAG Thüringen vom 03.05.2022 (Az. 1 Sa 18/21) liefert hierzu eine klare rechtliche Einordnung. Es zeigt, dass wiederholtes Nichtstempeln von Raucherpausen als Arbeitszeitbetrug gilt und auch eine Kündigung nach langer Betriebszugehörigkeit rechtfertigen kann. Damit hat das Gericht eine praxisrelevante Grundsatzentscheidung getroffen, die Arbeitgebern und Arbeitnehmern Orientierung bietet.

 

Bedeutung von Arbeitszeitbetrug und korrekter Zeiterfassung

In einer Zeit, in der Arbeitszeiterfassung durch technische Systeme und rechtliche Vorschriften immer wichtiger wird, rückt die konsequente Umsetzung und Kontrolle zur Vermeidung von Arbeitszeitbetrug in den Fokus. Gerade im öffentlichen Dienst, aber zunehmend auch in der Privatwirtschaft, müssen Arbeitgeber sich auf korrekte Angaben ihrer Beschäftigten verlassen können – auch bezüglich Raucherpausen. Das Urteil des LAG Thüringen unterstreicht, wie wichtig klare Zeiterfassungspflichten und deren konsequente Einhaltung sind.

 

Arbeitszeitbetrug durch Raucherpausen – Der Fall vor dem LAG Thüringen

 

Raucherpause stempeln Pflicht – Vorgaben zur Zeiterfassung und Einsatzbereich der Klägerin

Die Klägerin war seit 1986 im öffentlichen Dienst tätig. In ihrer aktuellen Funktion war sie im Jobcenter im Rahmen einer Zuweisung nach § 44g SGB II eingesetzt. Dort galten Dienstvereinbarungen, die bei jedem Verlassen des Dienstgebäudes – insbesondere auch bei kurzen Pausen wie Raucherpausen – die Dokumentation über ein elektronisches Zeiterfassungssystem vorsahen. Diese Vorgaben hatten klar zum Ziel, Transparenz über Pausen- und Abwesenheitszeiten sicherzustellen.

 

Auffälligkeiten in den Zeiterfassungsdaten und Risiken bei Vertrauensarbeitszeit

Bereits 2018 war die Klägerin über diese Verpflichtung schriftlich belehrt worden und hatte ihre Kenntnis unterzeichnet. Dennoch zeigte ein Abgleich der Zutrittskontrollsysteme mit den Zeitbuchungen Anfang 2019 massive Unregelmäßigkeiten. So wurde an nur drei Arbeitstagen festgestellt, dass sie das Gebäude insgesamt zwanzigmal verlassen hatte, ohne auch nur eine einzige Pause bzw. Raucherpause zu buchen – ein klassischer Fall von Arbeitszeitbetrug, der in der Rechtsprechung regelmäßig zu Kündigungen führt. Das Ausmaß und die Häufigkeit der Verstöße deuteten auf ein systematisches Fehlverhalten hin.

 

Das Urteil des LAG Thüringen zum Arbeitszeitbetrug

 

Systematisches Nichtstempeln in Raucherpausen als schwerwiegender Pflichtverstoß

Das LAG Thüringen bestätigte die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung. Zwar hielt es die fristlose Kündigung für unverhältnismäßig, bejahte aber den wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Die Richter urteilten, dass die Klägerin durch das systematische Nichtstempeln ihrer Raucherpausen ihre Pflicht zur wahrheitsgemäßen Arbeitszeiterfassung verletzt und damit Arbeitszeitbetrug begangen habe. Dies stellt nach Ansicht des Gerichts einen erheblichen Pflichtverstoß dar, der das Vertrauen des Arbeitgebers nachhaltig erschüttert.

Die Tatsache, dass es sich um Raucherpausen zur Befriedigung ihrer Nikotinsucht handelte, sei unerheblich. Maßgeblich sei allein, dass der Arbeitgeber auf die Korrektheit der Zeiterfassung angewiesen ist. Ein vorsätzlich fehlerhaftes Erfassen der Arbeitszeit ist unabhängig vom Grund der Abwesenheit ein gravierender Bruch arbeitsvertraglicher Pflichten.

 

Kündigung ohne Abmahnung im Arbeitsrecht – Voraussetzungen bei Arbeitszeitbetrug

Das LAG Thüringen betonte, dass in diesem Fall eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung zulässig war, da eine Wiederholung des Fehlverhaltens trotz vorheriger Belehrung vorlag. Ausschlaggebend war, dass die Klägerin bereits zuvor belehrt worden war und dennoch erneut gegen dieselben Pflichten verstoßen hatte. Durch die wiederholte Pflichtverletzung war das Vertrauensverhältnis aus Sicht des Gerichts endgültig zerstört.

Die Rechtsprechung entspricht der Linie des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das in vergleichbaren Fällen – etwa bei Verstößen gegen Dokumentationspflichten oder beim unerlaubten Entfernen vom Arbeitsplatz – ebenfalls entschieden hat, dass eine Abmahnung entbehrlich sein kann, wenn das Vertrauen objektiv nicht mehr wiederherstellbar ist.

 

Personalratsanhörung im LAG Thüringen Raucherpause Urteil trotz formaler Fehler wirksam

Die Klägerin argumentierte, die Personalratsanhörung sei unwirksam, weil ihr Familienstand (verheiratet statt geschieden) und die Betriebszugehörigkeit (30 statt 34 Jahre) falsch angegeben worden seien. Das LAG Th ü ringen wies den Einwand zurück. Solche formalen Ungenauigkeiten seien nur dann erheblich, wenn sie für die Bewertung der Kündigung wesentlich seien – was hier nicht der Fall war.

Das Gericht stellte klar, dass die Personalratsanhörung dennoch ordnungsgemäß war und keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung hatte.

 

Praxistipps für Arbeitgeber zur Vermeidung von Arbeitszeitbetrug und Einhaltung der Pflicht zum Stempeln bei Raucherpausen

 

Dienstvereinbarungen zur Zeiterfassung klar und verständlich gestalten

Viele Verstöße entstehen durch fehlende Transparenz oder unzureichende Compliance-Strukturen, insbesondere bei der Zeiterfassung von Pausen und Raucherpausen. Arbeitgeber sollten klare Dienstvereinbarungen schaffen, die die Zeiterfassungspflichten explizit regeln – inklusive kurzer Raucherpausen, Dienstgänge oder Außentermine. Eine eindeutige Regelung schafft Rechtssicherheit und erleichtert die Kontrolle der Arbeitszeiten. Die Integration digitaler Tools sorgt für revisionssichere Dokumentation und erleichtert die Vermeidung von Arbeitszeitbetrug.

 

Regelmäßige Schulungen zur korrekten Arbeitszeiterfassung bei Raucherpausen

Ein einmaliger Hinweis reicht zur Vermeidung von Arbeitszeitbetrug nicht aus. Regelmäßige Schulungen schaffen Transparenz und stärken das Bewusstsein für arbeitsrechtliche Pflichten – gerade in Bereichen, in denen das Risiko für Arbeitszeitmanipulation hoch ist. Die Dokumentation der Teilnahme eignet sich auch als Nachweis im Kündigungsschutzverfahren. Schulungen sensibilisieren Beschäftigte dafür, wie wichtig korrekte Zeiterfassung für das Vertrauensverhältnis ist.

 

Personalratsanhörung sorgfältig vorbereiten

Fehler bei der Anhörung können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Personalverantwortliche sollten daher prüfen, welches Gremium zuständig ist und ob alle relevanten Angaben korrekt enthalten sind. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich die Einbindung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht. Eine formell korrekte Anhörung ist ein wesentlicher Bestandteil eines rechtssicheren Kündigungsprozesses.

 

Rechtsprechung des BAG bezüglich Arbeitszeitbetrug berücksichtigen

Das BAG hat mehrfach betont, dass bewusste Verstöße gegen Dokumentationspflichten – etwa beim Nichtstempeln von Pausen oder beim unerlaubten Entfernen vom Arbeitsplatz – arbeitsrechtlich sanktioniert werden können. Entscheidend ist, ob das Vertrauensverhältnis objektiv zerstört wurde. Arbeitgeber profitieren davon, interne Prozesse regelmäßig zu prüfen und Verstöße frühzeitig zu erkennen.

 

Fazit – Arbeitszeitbetrug und Nichtstempeln von Raucherpausen sind keine Bagatelldelikte

Das Urteil des LAG Thüringen macht deutlich: Arbeitszeitbetrug – auch in Form nicht gebuchter Raucherpausen – ist kein Bagatelldelikt und kann eine Kündigung rechtfertigen. Arbeitgeber müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Beschäftigten ihre Arbeitszeit korrekt dokumentieren. Wer diese Pflicht vorsätzlich verletzt, riskiert auch nach jahrzehntelanger Betriebszugehörigkeit arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung.

 

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❓ FAQ: Arbeitszeitbetrug durch nicht gestempelte Raucherpausen

Ein Arbeitszeitbetrug liegt laut LAG Thüringen vor, wenn ein Arbeitnehmer vorsätzlich falsche Angaben zur geleisteten Arbeitszeit macht – z. B. durch das Nichtbuchen von Raucherpausen, obwohl eine dokumentationspflichtige Zeiterfassung besteht. Entscheidend ist der Vorsatz und die bewusste Verletzung der Zeiterfassungspflicht.

Ja. Wenn das Stempeln von Pausen – einschließlich Raucherpausen – durch Dienstvereinbarung oder betriebliche Regelung vorgeschrieben ist, stellt die Nichtbuchung einen Pflichtverstoß dar. Wiederholtes, vorsätzliches oder systematisches Nichtstempeln kann – wie im Fall des LAG Thüringen – sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

In der Regel ist eine einmalige Pflichtverletzung – z. B. ein einmaliger Arbeitszeitbetrug – ohne vorherige Abmahnung nicht ausreichend für eine Kündigung. Anders ist es, wenn das Verhalten gehäuft, planmäßig oder über einen längeren Zeitraum erfolgt. Im entschiedenen Fall lagen über 20 nicht gebuchte Pausen an nur drei Tagen vor.

Nein. Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverstößen wie vorsätzlichem Arbeitszeitbetrug kann eine Abmahnung entbehrlich sein. Wenn der Vertrauensbruch so gravierend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wird, darf der Arbeitgeber auch ohne Abmahnung kündigen.

Ja. Eine lange Betriebszugehörigkeit schützt nicht vor einer Kündigung, wenn ein erheblicher Vertrauensverlust vorliegt. Das LAG Thüringen stellte klar, dass auch jahrzehntelange Beschäftigung die Pflichtverletzung nicht aufwiegt, wenn sie besonders schwer wiegt.

Nein. Die Gerichte differenzieren klar: Nikotinsucht erklärt das Rauchverhalten, aber nicht die Pflicht zur ordnungsgemäßen Zeiterfassung. Entscheidend ist nicht die Pause selbst, sondern deren bewusste Nichtdokumentation.

Eine Kündigung wird nicht automatisch unwirksam, wenn etwa Familienstand oder Betriebszugehörigkeit falsch angegeben wurden – sofern diese Angaben für die Kündigungsentscheidung nicht relevant sind. Das LAG Thüringen sah hierin keinen Verfahrensfehler, da der Personalrat dennoch hinreichend informiert war.

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*Rechtlicher Hinweis

Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung im Einzelfall dar. Die Inhalte wurden mit größter Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität übernommen werden. 

Der Beitrag wurde am 04. Dezember 2025 aktualisiert.

Änderungen der Rechtslage oder der Rechtsprechung, die nach diesem Datum erfolgt sind, sind nicht berücksichtigt. Bitte wenden Sie sich für eine individuelle rechtliche Beratung an einen Rechtsanwalt.

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