Hinweisgeberschutzgesetz 2023 (HinSchG)

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Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist am 2. Juli 2023 in Kraft getreten und setzt die EU-Whistleblower-Richtlinie in deutsches Recht um. Es soll Whistleblower wirksam schützen, Rechtsklarheit schaffen und die Compliance in Unternehmen stärken. Der persönliche Anwendungsbereich ist weit gefasst: Geschützt sind unter anderem Arbeitnehmer, Beamte, Organmitglieder, Praktikanten, Bewerber sowie externe Dienstleister und Subunternehmer. Inhaltlich erfasst das HinSchG vor allem Straftaten, erhebliche Ordnungswidrigkeiten und Verstöße gegen Datenschutz, Umwelt-, Steuer- und Verbraucherschutzrecht. Private Angelegenheiten sind ausgenommen. Falschmeldungen sind nicht geschützt und können Schadensersatz sowie strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Damit stellt das HinSchG klare Regeln für den Umgang mit Hinweisen auf Rechtsverstöße auf und schafft eine Grundlage für eine rechtssichere Meldekultur in Unternehmen.

 

Pflichten für Unternehmen nach dem HinSchG – Meldestellen, Fristen & Prozesse

 

Interne Meldestellen einrichten – Anforderungen & Optionen

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verpflichtet Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten, interne Meldestellen einzurichten (§ 12 HinSchG). Diese Meldestellen sind zentrale Instrumente der Compliance und dienen dazu, Rechtsverstöße frühzeitig aufzudecken und intern zu bearbeiten. Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden dürfen zudem eine gemeinsame Meldestellen betreiben (§ 14 HinSchG).

 

Organisation der Meldestellen

Unternehmen kĂśnnen entscheiden, ob sie die Meldestelle:

  • intern betreiben (z. B. Compliance-Abteilung),
  • an externe Dienstleister auslagern oder
  • konzernweit bĂźndeln.

Wichtig: Bei Konzernmeldestellen legt die EU-Kommission besonderen Wert auf die Nähe zwischen Hinweisgeber und Meldestelle. Hier sind rechtliche Risiken zu beachten.

 

Meldekanäle und Fristen

Gemäß § 16 HinSchG müssen Unternehmen interne Meldekanäle so gestalten, dass Meldungen entweder mündlich oder in Textform abgegeben werden können.
Auf Wunsch muss zudem eine persĂśnliche Zusammenkunft ermĂśglicht werden.
Aus praktischen Grßnden empfiehlt es sich jedoch, mehrere Kanäle anzubieten, etwa ein Online-Meldeportal und eine Telefonhotline.

Fristen sind strikt einzuhalten:

  • Eingangsbestätigung: spätestens nach 7 Tagen
  • RĂźckmeldung Ăźber ergriffene Maßnahmen: innerhalb von 3 Monaten
  • Dokumentationspflicht: Meldungen sind 3 Jahre aufzubewahren und danach zu lĂśschen (§§ 11, 17, 18 HinSchG).

Verstöße gegen das HinSchG können – je nach Tatbestand – mit Bußgeldern bis zu 50.000 €, 20.000 € oder 10.000 € geahndet werden (§ 40 Abs. 6 HinSchG). In bestimmten Fällen kann gegenüber Unternehmen nach § 30 OWiG eine Verbandsbuße bis zu 500.000 € verhängt werden.

 

Externe Meldestellen & Rechte der Hinweisgeber nach dem HinSchG

Neben internen Systemen sieht das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) auch den Zugang zu externen Meldestellen vor (§§ 19 ff. HinSchG). Hinweisgeber kÜnnen frei entscheiden, ob sie sich intern an ihr Unternehmen oder extern an eine zuständige BehÜrde wenden. Die wichtigste Anlaufstelle ist die zentrale Meldestelle beim Bundesamt fßr Justiz (BfJ). Dort kÜnnen auch anonyme Hinweise abgegeben werden. Daneben existieren SpezialbehÜrden wie die BaFin fßr Finanzthemen oder das Bundeskartellamt (BKartA). Zudem kÜnnen die Bundesländer eigene Meldestellen betreiben, um regionale Zuständigkeiten abzudecken.

 

Informationspflichten der Unternehmen gegenßber Beschäftigten

Arbeitgeber mßssen ihre Beschäftigten aktiv und klar ßber die externen Meldewege informieren (§ 13 Abs. 2 HinSchG). Hierzu gehÜren die Kontaktdaten der zuständigen BehÜrden und eine verständliche Beschreibung des Ablaufs. Transparenz ist entscheidend, um Unsicherheiten zu vermeiden und das Vertrauen in das Hinweisgebersystem zu stärken.

 

Fristen & Abläufe

FĂźr externe Meldungen gelten dieselben Fristen wie bei internen Meldestellen:

  • Eingangsbestätigung innerhalb von 7 Tagen
  • RĂźckmeldung zu ergriffenen Maßnahmen spätestens nach 3 Monaten

 

Offenlegung an die Öffentlichkeit

Eine VerÜffentlichung von Missständen, etwa in den Medien, ist nur unter engen Voraussetzungen erlaubt (§ 31HinSchG). Dies gilt etwa, wenn:

  • eine akute Gefahr besteht,
  • externe Meldungen erfolglos bleiben oder
  • Repressalien drohen.

Durch diese Regelung wird die Integrität interner Verfahren geschßtzt und zugleich das Recht der Hinweisgeber gewahrt.

 

Anonyme Meldungen nach HinSchG – Chancen, Risiken & Compliance-Strategien

Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Unternehmen nicht dazu, eigene anonyme Meldekanäle bereitzustellen (§ 16 Abs. 1 S. 5 HinSchG). Dennoch ist es aus Compliance-Sicht und zur Risikominimierung strategisch sinnvoll, diese einzufßhren.

 

Vorteile anonymer Hinweisgeberportale

  • Niedrigere Hemmschwelle: Mitarbeitende trauen sich eher, auf Missstände hinzuweisen.
  • HĂśhere Meldebereitschaft: Mehr interne Meldungen bedeuten bessere FrĂźherkennung von Risiken.
  • Kontrolle Ăźber sensible Informationen: Unternehmen kĂśnnen Vorfälle intern klären, bevor sie externe Stellen erreichen.

 

Risiken ohne anonyme Meldekanäle

Externe Meldestellen wie das BfJ, die BaFin oder das BKartA akzeptieren bereits anonyme Hinweise und verfügen über etablierte Systeme. Fehlen im Unternehmen interne anonyme Möglichkeiten, steigt das Risiko, dass Mitarbeitende direkt externe Stellen nutzen. Dies kann die „intern-first“-Strategie schwächen und die Kontrolle über vertrauliche Daten erschweren.

 

Empfehlung fĂźr Unternehmen

Auch ohne gesetzliche Pflicht sollten Unternehmen anonyme Meldewege anbieten – etwa über digitale Hinweisgeberportale oder Hotlines. So stärken sie die Compliance-Kultur, fördern das Vertrauen der Belegschaft und minimieren Reputationsrisiken.

Ein durchdachtes, anonymes Meldesystem ist damit nicht nur eine rechtliche Vorsorge, sondern auch ein Wettbewerbsvorteil.

 

Schutzmechanismen für Hinweisgeber – Repressalienverbot & Schadensersatz

Das Hinweisgeberschutzgesetz bietet Hinweisgebern umfassenden Schutz vor Repressalien (§ 36 HinSchG). Unternehmen dürfen keine Maßnahmen ergreifen, die in direktem Zusammenhang mit einer Meldung stehen. Geschützt sind unter anderem:

  • KĂźndigungen, Abmahnungen oder Versetzungen
  • Benachteiligungen wie BefĂśrderungsverweigerungen oder Änderungen der Aufgabenbereiche
  • Diskriminierung, Mobbing oder Rufschädigung
  • Einschränkungen von Fortbildungsmaßnahmen oder Karrierechancen

 

Beweislastumkehr bei Benachteiligungen

Eine der wichtigsten Regelungen ist die Beweislastumkehr (§ 36 Abs. 2 HinSchG):
Kommt es nach einer Meldung zu Benachteiligungen, wird gesetzlich vermutet, dass diese wegen der Meldung erfolgt sind. Unternehmen müssen aktiv beweisen, dass ihre Maßnahmen sachliche Gründe hatten und nicht durch die Meldung bedingt waren.

 

Konsequenzen bei Verstößen gegen das Repressalienverbot

Unternehmen, die gegen das Repressalienverbot verstoßen, müssen mit erheblichen rechtlichen Folgen rechnen:

  • Schadensersatzpflicht fĂźr materielle Schäden (§ 37 HinSchG)
  • Bußgelder bis zu 50.000 €
  • In schweren Fällen auch zivil- und strafrechtliche Konsequenzen

 

Handlungsempfehlung

Um Risiken zu minimieren, sollten Unternehmen Personalentscheidungen lĂźckenlos dokumentieren und ihre Compliance-Prozesse klar definieren. Ein transparenter Umgang schafft Vertrauen und schĂźtzt sowohl Hinweisgeber als auch das Unternehmen selbst.

 

Datenschutz & DSGVO beim Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Das Hinweisgeberschutzgesetz steht in engem Zusammenhang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), da Hinweisgebermeldungen häufig personenbezogene Daten enthalten. Unternehmen mßssen deshalb strenge Datenschutzanforderungen erfßllen.

 

Rechtsgrundlagen fĂźr die Datenverarbeitung im HinSchG

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch interne und externe Meldestellen ist nur zulässig, wenn sie erforderlich ist, um Meldungen entgegenzunehmen, zu prüfen und Folgemaßnahmen einzuleiten (§ 10 HinSchG).
Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen sind:

  • Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO (rechtliche Verpflichtung)
  • Art. 88 DSGVO i. V. m. § 26 BDSG fĂźr Beschäftigtendaten
  • Art. 9 DSGVO fĂźr besondere Kategorien personenbezogener Daten, etwa Gesundheitsdaten

 

Datenschutzprinzipien

Unternehmen mßssen die Grundsätze der Datenminimierung und Speicherbegrenzung beachten:

  • Es dĂźrfen nur Daten verarbeitet werden, die fĂźr die Bearbeitung des Hinweises zwingend notwendig sind.
  • Die Dokumentation von Meldungen ist grundsätzlich nach drei Jahren zu lĂśschen (§ 11 Abs. 5 HinSchG), außer eine längere Speicherung ist erforderlich, um andere rechtliche Anforderungen zu erfĂźllen

 

Vertraulichkeit & Auskunftsrechte der Hinweisgeber

Das Vertraulichkeitsgebot nach § 8 HinSchG schßtzt die Identität von Hinweisgebern.
Grundsätzlich mßssten betroffene Personen nach Art. 14 Abs. 2 lit. f DSGVO erfahren, aus welcher Quelle die sie betreffenden Daten stammen.
Um den Hinweisgeber zu schützen, dürfen Unternehmen diese Information jedoch zurückhalten – gestützt auf § 29 BDSG und Art. 14 Abs. 5 lit. b DSGVO. Eine saubere Datenschutzstrategie ist essenziell, um Bußgelder zu vermeiden und Vertrauen in das Hinweisgebersystem zu schaffen.

 

Hinweisgebersysteme als Teil der Compliance-Strategie

Das HinSchG macht Hinweisgebersysteme zu einem zentralen Bestandteil moderner Compliance-Strukturen. Ein wirksames Hinweisgebersystem bietet jedoch nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch erhebliche strategische Vorteile.

 

Vorteile eines Hinweisgebersystems fĂźr Unternehmen

  • FrĂźherkennung von Risiken: Verstöße lassen sich intern klären, bevor sie externe Stellen erreichen.
  • Reduzierung von Haftungs- und Bußgeldrisiken: Unternehmen kĂśnnen rechtzeitig reagieren und rechtliche Folgen vermeiden.
  • Stärkung der Unternehmenskultur: Transparente Prozesse fĂśrdern Vertrauen und erhĂśhen die Meldebereitschaft.
  • Reputationsschutz: Wer Missstände intern lĂśst, senkt das Risiko negativer Ăśffentlicher Berichterstattung.

 

Integration ins Compliance-Management

Um das HinSchG erfolgreich umzusetzen, sollten Unternehmen:

  • Rechtssichere Meldekanäle etablieren (Portal, Hotline, Ombudsperson)
  • Mitarbeiter schulen und klare Abläufe kommunizieren
  • Datenschutz und Vertraulichkeit konsequent gewährleisten
  • Anonyme Meldewege anbieten, um die Nutzung zu fĂśrdern

 

Fazit – HinSchG als Chance für Compliance & Unternehmensreputation

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) bringt für Unternehmen erhebliche Compliance-Pflichten und zugleich Chancen mit sich. Verstöße gegen das HinSchG können, je nach Tatbestand, mit Bußgeldern bis zu 50.000 €, geahndet werden. Gleichzeitig stärkt ein rechtssicheres Hinweisgebersystem das Vertrauen der Mitarbeitenden und schützt vor Reputationsschäden.

Unternehmen sind gut beraten, das HinSchG nicht nur als gesetzliche Pflicht zu sehen, sondern als Gelegenheit, eine gelebte Meldekultur zu etablieren. Wer frĂźhzeitig klare Prozesse, transparente Kommunikation und sichere Meldewege implementiert, reduziert rechtliche Risiken, verbessert seine Compliance-Strukturen und positioniert sich langfristig als vertrauenswĂźrdiger Arbeitgeber.

 

❓ FAQ zum Hinweisgeberschutzgesetz 2023 (HinSchG)

Das Hinweisgeberschutzgesetz setzt die EU-Whistleblower-Richtlinie in deutsches Recht um. Es schĂźtzt Hinweisgeber vor Repressalien und verpflichtet Unternehmen, sichere Meldestellen einzurichten.

Deutschland hat die EU-Richtlinie verspätet umgesetzt, weil es langwierige Diskussionen zwischen Bund, Ländern und Interessengruppen gab – vor allem zu Fragen der Anonymität, und des Datenschutzes.

Ja. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verhängte im März 2025 eine Strafe in HÜhe von 34 Millionen Euro gegen Deutschland wegen der verspäteten Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie (Hinweisgeberschutz). Das Hinweisgeberschutzgesetz trat erst im Juli 2023 in Kraft, während die EU-Umsetzungsfrist bereits Ende 2021 abgelaufen war.

Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten mßssen interne Meldestellen einrichten, Hinweise vertraulich behandeln, Fristen einhalten und Hinweisgeber vor Benachteiligung schßtzen.

  • Eingangsbestätigung: innerhalb von 7 Tagen
  • RĂźckmeldung zu Maßnahmen: spätestens nach 3 Monaten
  • LĂśschung von Meldungen: in der Regel nach 3 Jahren
  • Bis zu 50.000 € bei Verstößen gegen Meldepflichten
  • Bis zu 500.000 € gegen Unternehmen bei schwerwiegenden Verstößen
  • Zudem drohen Schadensersatzforderungen von Hinweisgebern

Nein, gesetzlich nicht verpflichtend. Dennoch empfiehlt es sich aus Compliance-Sicht, anonyme Meldekanäle einzurichten, um mehr interne Hinweise zu erhalten und externe Risiken zu minimieren.

Da Hinweisgebermeldungen oft personenbezogene Daten enthalten, müssen Unternehmen die Anforderungen der DSGVO und des BDSG strikt einhalten. Verstöße können zusätzlich hohe Datenschutz-Bußgelder nach sich ziehen.

  • FrĂźherkennung von Risiken
  • Schutz vor Bußgeldern
  • Stärkung des Vertrauens der Mitarbeitenden
  • Reputationsschutz durch interne ProblemlĂśsungen

*Rechtlicher Hinweis

Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung im Einzelfall dar. Die Inhalte wurden mit größter Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Dennoch kann keine Gewähr fĂźr Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität Ăźbernommen werden. 

Der Beitrag wurde am 15. September 2025 aktualisiert.

Änderungen der Rechtslage oder der Rechtsprechung, die nach diesem Datum erfolgt sind, sind nicht berücksichtigt. Bitte wenden Sie sich für eine individuelle rechtliche Beratung an einen Rechtsanwalt.

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