Im digitalen Zeitalter gewinnen personenbezogene Daten auch im Arbeitsrecht eine neue Brisanz. Besonders der Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO entwickelt sich zunehmend zum juristischen Instrument im Arbeitsverhältnis. Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit seinem Urteil vom 20. März 2023 den Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO entscheidend gestärkt und klargestellt, dass Arbeitnehmer ihre personenbezogenen Daten umfassend einsehen dürfen. Damit wird die DSGVO, insbesondere Art. 15 DSGVO, zu einem mächtigen Werkzeug im Arbeitsverhältnis. Unternehmen müssen daher ihre Datenschutzprozesse kritisch prüfen, um Auskunftsansprüche nach Art. 15 DSGVO korrekt zu erfüllen. Das LAG Berlin-Brandenburg zeigt deutlich: Der Auskunftsanspruch ist kein formaler Akt, sondern ein zentrales Recht, das Arbeitnehmer gezielt im Streitfall nutzen können.
LAG Berlin-Brandenburg: Mobbingvorwurf und Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO
Im konkreten Fall vor dem LAG Berlin-Brandenburg ging es um einen langjährigen Verkaufsleiter eines Lebensmittelkonzerns, dem Mobbing vorgeworfen wurde. Die Hinweise kamen aus dem Team und führten zu internen Ermittlungen durch den Arbeitgeber. Es wurden vertrauliche Mitarbeiterinterviews durchgeführt und protokolliert. Diese Protokolle beeinflussten laut Kläger spätere Personalmaßnahmen wie Leistungsbewertung und Versetzung. Nachdem der Betroffene ein Aufhebungsangebot und eine Abmahnung erhielt, sowie seine Aufgaben verlagert wurden, verlangte er Einblick in die gegen ihn geführten Gesprächsaufzeichnungen – ungeschwärzt, auf Grundlage des Auskunftsanspruchs von Art. 15 DSGVO. Das LAG Berlin-Brandenburg bestätigte: Auch interne Dokumente, die personenbezogene Daten enthalten, unterliegen dem Auskunftsanspruch. Arbeitgeber müssen die Daten auf Grundlage von Art. 15 DSGVO offenlegen, sofern keine berechtigten Geheimhaltungsinteressen überwiegen.
Art. 15 DSGVO – Umfang, Ziele und Bedeutung des Auskunftsanspruchs
Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO gibt Betroffenen das Recht, eine Kopie aller verarbeiteten personenbezogenen Daten zu verlangen. Dieser Auskunftsanspruch aus der DSGVO dient in erster Linie der Transparenzkontrolle: Betroffene sollen nachvollziehen können, welche Daten gespeichert sind, woher sie stammen, zu welchen Zwecken sie verarbeitet werden – und ob sie korrekt sind. Im Arbeitsrecht kann dieser Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO strategisch genutzt werden, etwa zur Vorbereitung auf arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen oder Schadensersatzforderungen.
Das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg stellt klar: Auch wenn der Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO vorrangig der Klagevorbereitung oder Beweisgewinnung dient, ist dies nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 12 Abs. 5 DSGVO – die DSGVO enthält keine Zweckbindung in diesem Sinne.
Urteil des LAG Berlin-Brandenburg: Kein Rechtsmissbrauch beim Auskunftsanspruch
Am 30. März 2023 entschied das LAG Berlin-Brandenburg, dass ein Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf eine Datenkopie hat, wenn der Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO nicht primär der Überprüfung der Rechtmäßigkeit dient. Die Motivation – etwa die Vorbereitung einer Klage – ist rechtlich irrelevant bei Geltendmachung des Auskunftsanspruchs gem. Art. 15 DSGVO. Damit widerspricht das LAG Berlin-Brandenburg restriktiven Meinungen, die eine rechtsmissbräuchliche Nutzung bei arbeitsrechtlichen Interessen annehmen. Damit stärkt das LAG Berlin-Brandenburg die Arbeitnehmerrechte erheblich und betont, dass Art. 15 DSGVO keine Zweckbindung vorsieht. Arbeitgeber können den Auskunftsanspruch daher nicht mit dem Argument verweigern, dieser diene rein taktischen Zwecken.
Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO unabhängig vom Zweck
Wesentlich ist, dass der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO nicht an die subjektive Motivation gebunden ist. Erwägungsgrund 63 DSGVO erwähnt zwar die Kontrolle über die Verarbeitung als Zweck – daraus ergibt sich laut dem LAG Berlin-Brandenburg jedoch kein Ausschließlichkeitsanspruch. Auch wenn ein Arbeitnehmer interne personenbezogene Daten einsehen möchte, um Schadensersatz geltend zu machen oder sich gegen Maßnahmen zu wehren, ist der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO gerechtfertigt.
LAG Berlin-Brandenburg: Schwärzung nur mit Nachweis zulässig
Ein zentraler Streitpunkt des Falls vor dem LAG Berlin-Brandenburg bezüglich dem Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO war die Schwärzung der Protokolle. Der Arbeitgeber hatte Aussagen von Teammitgliedern anonymisiert und sich auf Vertraulichkeit berufen. Doch das LAG Berlin-Brandenburg stellte klar: Eine pauschale Anonymitätszusage reicht nicht. Arbeitgeber müssen differenziert darlegen, welche Inhalte konkret schützenswert sind und warum – inklusive zeitlicher, personeller und sachlicher Eingrenzung. Der bloße Verweis auf berechtigte Interessen genügt nicht. Im Ergebnis musste das Unternehmen die ungeschwärzten Protokolle herausgeben und dem Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO nachkommen.
Keine systematische Persönlichkeitsverletzung – Ablehnung von Schmerzensgeld
Der Kläger begehrte vor dem LAG Berlin-Brandenburg außerdem 20.000 Euro Schmerzensgeld wegen angeblichen Mobbings. Zur Begründung führte er mehrere Maßnahmen des Arbeitgebers an, darunter die Herabstufung seiner Leistungsbewertung, eine Abmahnung und seine spätere Versetzung. Diese hätten ihn entwürdigt und letztlich krank gemacht. Das Gericht erkannte zwar an, dass der Kläger infolge einer psychosomatischen Belastung über Monate arbeitsunfähig war. Es verneinte jedoch das Vorliegen eines systematischen, ehrverletzenden Verhaltens des Arbeitgebers, das über arbeitsrechtlich zulässige Maßnahmen hinausgehe. Ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei nicht gegeben.
DSGVO-Schadensersatz und Auskunftsanspruch
Das LAG Berlin-Brandenburg befasste sich zudem mit der Frage, ob ein verspäteter oder unvollständiger Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO begründet. Das Gericht lehnte dies ab: Ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO, ohne nachweisbaren immateriellen Schaden, genügt nicht für eine Entschädigung. Zwar lag eine Nachbesserungspflicht hinsichtlich der ungeschwärzten Datenkopie vor – ein Anspruch nach Art. 82 DSGVO setzt jedoch einen konkreten, immateriellen Schaden voraus. Die Übermittlung von über 200 Seiten an personenbezogenen Informationen genügte dem Gericht als Nachweis der grundsätzlichen Erfüllungspflicht. Eine bloße Rechtsverletzung ohne konkreten Schaden begründet keinen Ersatzanspruch.
Hinweisgeberschutz vs. Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO
Das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg offenbart ein rechtliches Spannungsfeld: Einerseits garantiert das Hinweisgeberschutzgesetz die Vertraulichkeit von Whistleblowern, andererseits verpflichtet der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO zur Herausgabe personenbezogener Daten. Arbeitgeber müssen diese Interessen in Einklang bringen. Das LAG Berlin-Brandenburg deutet an: Nur im Einzelfall begründete Geheimhaltungsbedürfnisse dürfen Vorrang haben – ein pauschaler Hinweisgeberschutz reicht nicht aus. Unternehmen müssen daher jeden Fall des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO rechtlich fundiert abwägen.
Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO: Was Arbeitgeber jetzt beachten müssen
Dieses Urteil des LAG Berlin-Brandenburg hat gravierende Auswirkungen auf den Umgang mit personenbezogenen Daten im Unternehmen. Arbeitgeber sollten:
- interne Protokolle DSGVO-konform dokumentieren
- Vertraulichkeit von Aussagen differenziert begründen
- interne Prozesse zum Umgang mit dem Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO aufsetzen
- Schulungen für HR, Legal und Compliance zur DSGVO durchführen, welche insbesondere den Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO zum Inhalt haben. Unsere DSGVO-Schulung für Mitarbeiter können Sie hier buchen!
- Richtlinien zur Abwägung von Hinweisgeberschutz und Auskunftsanspruch festlegen
Zudem ist die Abstimmung zwischen Compliance- und Datenschutzabteilung essenziell, um Risiken einer fehlerhaften oder unvollständigen Auskunft gem. Art. 15 DSGVO zu minimieren.
Revision vor dem BAG – Zukunft des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO
Da gegen das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg Revision eingelegt wurde, bleibt die endgültige Rechtslage zur Auslegung des Auskunftsanspruchs vorerst offen. Das Verfahren liegt nun beim Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 173/23). Unklar ist insbesondere, ob das BAG ebenfalls der weiten Auslegung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO folgt – oder ob es engere Grenzen im arbeitsrechtlichen Kontext zieht. Bis dahin bleibt Arbeitgebern nur: vorbereitet sein und die internen Datenschutzprozesse robust gestalten.
Fazit: LAG Berlin-Brandenburg setzt Maßstäbe für den Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO
Mit dem Urteil hat das LAG Berlin-Brandenburg die Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO deutlich erweitert. Arbeitnehmer können sich künftig stärker auf Art. 15 DSGVO berufen, um Transparenz über ihre personenbezogenen Daten zu erhalten.
Das Urteil verdeutlicht: Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ist ein zentrales Instrument der Arbeitnehmerrechte – und das LAG Berlin-Brandenburg hat seine Bedeutung nachhaltig gestärkt.
Unternehmen müssen ihre Strukturen anpassen – sowohl im Umgang mit Whistleblowern als auch im Rahmen interner Aufklärungen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird klären, ob diese expansive Auslegung Bestand hat.
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❓ FAQ: Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO – LAG Berlin-Brandenburg
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen besteht der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO.
Art. 15 Abs. 3 DSGVO gewährt betroffenen Personen das Recht, eine Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten zu erhalten – einschließlich solcher, die sich in Gesprächsprotokollen befinden, selbst wenn sie von Dritten stammen.
Nein, der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO ist zweckunabhängig.
Der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO muss nicht begründet werden. Auch wenn das Begehren auf andere Zwecke abzielt (z. B. Beweissicherung in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten oder zur Vorbereitung einer Klage), ist es nicht automatisch rechtsmissbräuchlich im Sinne der DSGVO.
Nur im Ausnahmefall.
Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse Dritter (z. B. von Hinweisgebern) kann nach § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG zur Einschränkung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO führen.
Aber: Der Arbeitgeber muss konkret darlegen,
- welche Informationen betroffen sind,
- weshalb deren Herausgabe schützenswerte Interessen verletzen würde,
- und welche Sachverhalte sich zeitlich, örtlich und personell eingrenzen lassen.
→ Bloße Verweise auf zugesicherte Vertraulichkeit oder vage Andeutungen genügen nicht.
Nein.
Das subjektive Motiv der betroffenen Person (z. B. Beweis für Mobbingvorwürfe zu sichern) ist irrelevant für das Bestehen des Auskunftsanspruchs gem. Art. 15 DSGVO. Der Wortlaut der DSGVO lässt keine Zweckbindung zu.
Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg zum Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO zeigt:
- Hinweisgeber sind nicht automatisch vor Offenlegung geschützt.
- Arbeitgeber müssen sich aktiv um die Darlegung schützenswerter Interessen bemühen und wie diese den Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO im Einzelfall begrenzen können.
- Unternehmen sollten ihre internen Prozesse (z. B. Vertraulichkeitszusagen, Dokumentation) anpassen, um Konflikte zwischen dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO und Hinweisgeberschutz rechtssicher zu lösen.